19. Jahrhundert bis Neuzeit

Nachdem die Rheinlande 1815 auf dem Wiener Kongress Preußen zugeschlagen worden waren, entschied der preußische König Friedrich Wilhelm III., St. Pantaleon zur evangelischen Garnisonskirche umzuwandeln. Der katholischen Pfarrgemeinde St. Pantaleon wurde die wenige hundert Meter entfernte Kirche des ebenfalls aufgelösten Karmelitinnenklosters St. Maria vom Frieden als neue Pfarrkirche zugewiesen. Dort feierte die Pantaleonsgemeinde ihre Gottesdienste bis 1922, als ihr die Kirche St. Pantaleon zurück erstattet wurde.

Während ihrer Funktion als Garnisonskirche erhielt St. Pantaleon seit 1834 auf dem Mittelturm des Westwerks als Station 51 einen optischen Telegraphen, der politische und militärische Nachrichten zwischen Berlin und Koblenz mittels optischer Signale vermittelte. Um 1850 wurde diese Technik durch eine elektromechanische Telegraphie abgelöst, und der Signalmast in St. Pantaleon wurde wieder abgebaut. Der Kreuzgang des ehemaligen Klosters wurde in dieser Zeit bis auf wenige Fragmente abgebrochen.

Nach den eingreifenden baulichen Veränderungen des 17. und 18. Jh. war die Kirche St. Pantaleon gegen Ende des 19. Jh. in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand. Mit dem Abbruch des Vorbaus und der Reduzierung der Seitentürme hatte das Westwerk einen völlig anderen Charakter erhalten. Bereits in den 1870er Jahren setzte sich der damalige Stadtbaumeister Johann Peter Weyer für eine Erneuerung des Westwerks in seiner ursprünglichen romanischen Form ein, wobei er sich gegen andere Pläne durchsetzen konnte, die eine Wiederherstellung der barocken Anlage zum Ziel hatten. Binnen weniger Jahre gelang der Wiederaufbau des Westwerks in der Gestalt, wie wir sie im Wesentlichen auch heute noch vorfinden: die zweigeschossigen Seitentürme sowie der ebenfalls zweigeschossige Vorbau, die den diese Flügelbauten überragenden Hauptturm umgeben, flankiert von zwei Treppentürmen.

Nachdem St. Pantaleon 1922 wieder katholische Pfarrkirche geworden war, konnte der Architekturhistoriker Hugo Rahtgens, der im Zuge der Inventarisierung der Kunstdenkmäler der Rheinprovinz mit der wissenschaftlichen Erforschung der Kirche St. Pantaleon betraut worden war, sich der Freilegung der Krypta widmen, die seit Ende des 17. Jh. nicht mehr genutzt worden war und in der sich nach wie vor der Sarkophag des Erzbischofs Bruno befand.

Wenige Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde St. Pantaleon – ebenso wie einige andere Kirchen – auf den mittelalterlichen Kern ihrer späteren Überbauungen hin überprüft. Dabei kam überraschend die seit dem 17. Jh. unter Verputz verdeckte romanische Blendbogengliederung der Mittelschiffwände zum Vorschein, die den Raumcharakter der ehemals einschiffigen Hallenkirche hervortreten ließ und die fortan freigelegt wurde.

Der Zweite Weltkrieg richtete verheerende Schäden an der Kirche an. Schon bei dem Bombenangriff im April 1942 wurden fast sämtliche Dächer zerstört. Der Nordannex (die heutige Kapelle zum Hl. Josefmaria Escrivá) wurde — bis auf die Apsis – nahezu vollständig zerstört. Anders sah das Schicksal des Südannexes (der heutigen Taufkapelle) aus. Während das Kreuzrippengewölbe die Angriffe fast unbeschadet überstand, fiel die aufwendig gestaltete Apsis einem Bombenangriff zum Opfer. Kurz vor Kriegsende brachte ein letzter Angriff das Netzgewölbe des frühen 17. Jh. im Mittelschiff zum Einsturz, das nunmehr die nächsten 15 Jahre eine Baustelle blieb.

Dennoch war die Kirche nicht restlos zerstört. Neben dem Südannex (außer der Apsis) blieben auch die staufischen Gewölbe in den Seitenschiffen weitgehend intakt. Das Südschiff diente bis zur Fertigstellung des Mittelschiffs als Notkirche. Der spätbarocke Hochchor und die gleichfalls barocke Kanzel hatten die Angriffe ebenfalls überstanden. Und auch das Westwerk blieb nahezu unversehrt, so dass der spätgotische Lettner, der seit 1943 vorsorglich eingemauert war, erhalten blieb. Der barocke Orgelprospekt und weitere wertvolle Einrichtungsgegenstände, die im Hauptturm des Westwerks gelagert worden waren, hatten die Zerstörungen des Krieges gleichfalls überstanden.

Im Zuge des Wiederaufbaus der Kirche erhielt zunächst das Mittelschiff ein neues Dach, um den Kirchenraum vor weiteren Witterungsschäden zu schützen. Um konkrete Einzelmaßnahmen zur Restaurierung bzw. Wiederherstellung des Gebäudes und seiner Ausstattung ging es dann in einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung im Winter 1946/47.

Flachdecke

Nach langen Diskussionen wurde beschlossen, das Gewölbe in Mittelschiff und Hochchor, das zumindest noch teilweise in situ vorhanden war, nicht zu restaurieren und zu ergänzen, sondern durch eine Flachdecke zu ersetzen, die 1958 in fünf Kassettenbahnen installiert wurde. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren nicht allein wirtschaftliche und statische Gründe, sondern auch der Wunsch, den ehemals romanischen Charakter der Kirche, der im 17. und 18. Jh. weitgehend beseitigt worden war, wieder hervorzuheben.

 

Auch der Lettnerstandort sorgte für Diskussionen. Während man sich schon bald darüber einigen konnte, den Lettner an seinen ungefähren ursprünglichen Standort im Osten der Kirche zurückzuversetzen, gab es bei der Frage der Ausgestaltung der Rückwand, für die eine historische Vorlage fehlte, recht unterschiedliche Vorstellungen. 1957 fiel die Entscheidung zugunsten einer massiven Wand mit drei gleich großen Rundbogenöffnungen, die mit Gittern versehen waren. Auf der Lettnertribüne fand die barocke Orgel ihren Platz.

Den neuen Altar unter dem hochgotischen Kruzifix schuf – ebenso wie die Rückwandgitter – der Kölner Bildhauer Elmar Hillebrand. Mit der Weihe des Altars im Juni 1964 durch Kardinal Frings fanden die Wiederaufbauarbeiten einen – wenn auch eher symbolischen – Abschluss.

 

Restaurierungs- und Verschönerungsmaßnahmen, Ergänzung und Veränderung der Ausstattung haben die Kirche auch in den folgenden Jahrzehnten geprägt. So wurde in dem im Krieg zerstörten und in den 1950er Jahren neu erbauten Nordannex eine Kapelle zu Ehren des hl. Josefmaria Escrivá eingerichtet, die 2006 von Kardinal Meisner geweiht und 2005 – noch vor ihrer Fertigstellung – von Papst Benedikt XVI. anlässlich des Weltjugendtags in Köln besucht wurde.

1997 wurde auf der Westempore des Westwerks ein Lapidarium eingerichtet zur Aufnahme von Steinskulpturen des ottonischen Westwerks und anderer mittelalterlicher Steindenkmäler.

Der von dem Kölner Bildhauer Sepp Hürten 1965 geschaffene Marmorsarkophag der Kaiserin Theophanu, der ursprünglich im Südannex aufgestellt worden war, erhielt einen neuen Standort in der Nordkapelle des Westwerks.

Der Südannex wurde daraufhin zur Taufkapelle umgestaltet, die mit dem von dem Künstler Thomas Jessen geschaffenen Altarbild an der Chorschrankenwand eine moderne Erweiterung erfahren hat.

In den Jahren 2009/10 wurde der Umgang hinter dem barocken Hochaltar umfangreich restauriert und zur Aufnahme des Kirchenschatzes eingerichtet. In den beiden hochwertigen steinernen Reliquienschränken des frühen 17. Jh. mit schmiedeeisernen Gittern und davor liegenden Holztüren befanden sich bis zur Aufhebung der Abtei im Jahre 1802 die beiden mittelalterlichen Schreine der Heiligen Albanus und Maurinus. An ihrer Stelle heute zwei hölzerne Sammelreliquienschreine des frühen 17. Jahrhunderts aus der ehemaligen Kölner Jesuitenkirche St. Mariä Himmelfahrt. An der mittleren Chorwand nehmen Vitrinen, gestaltet von Ingrid Bussenius, weitere Teile des Kirchenschatzes auf.

Darüber hinaus hat Maria Jesus Ortiz de Fernández die Bodenverankerung des historischen Taufsteins mit einem Bronzesockel bemerkenswert gestaltet, wie auch seine Akzentuierung durch ein ebenfalls in Bronze gegossenes vollrundes Kreisband, das zudem das kunstvoll gravierte nicäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis ziert. Die Gesamtkonzeption geht auf Irene Rothweiler zurück.